Der Monat der Weltmission ist die größte Solidaritätsaktion der Katholikinnen und Katholiken weltweit und findet traditionell im Oktober statt. Höhepunkt des Monats der Weltmission ist in diesem Jahr der 22. Oktober 2023, der Sonntag der Weltmission. Er steht unter dem Leitwort "Ihr seid das Salz der Erde" (Mt 5,13). Die zentralen Festlichkeiten werden im Bistum Speyer ausgerichtet. Alle Termine und Veranstaltungen finden Sie hier>>
Um die im 19. Jahrhundert entstandenen missionarischen Initiativen besser zu koordinieren, rief Papst Pius XI. 1926 erstmals den Weltmissionssonntag aus. Jedes Jahr wird seither in rund 100 Ländern für die soziale und pastorale Arbeit der katholischen Kirche in den 1100 ärmsten Diözesen der Welt gesammelt.
Solidarität mit den verbliebenen Christen im Nahen Osten
Die missio-Aktion zum Sonntag der Weltmission 2023 ruft auf zur Solidarität mit den Christen im Nahen Osten. Im Mittelpunkt der Kampagne stehen drei Länder, in denen das Christentum eine sehr lange Tradition hat, die Existenz der Christen jedoch mehr denn je bedroht ist: Syrien, Libanon und Ägypten.
Die aktuelle Situation der wenigen noch verbliebenen, aber sich unermüdlich einsetzenden Christen im Nahen Osten ist schmerzhaft mitanzusehen. In Syrien, einem Land, in dem es seit dem Urchristentum lebendige einheimische Kirchen gegeben hat, stellen Christen heute weniger als fünf Prozent der Bevölkerung. Der Libanon galt für die Christen in der Region als sicherer Hafen, das Landschaftsbild ist geprägt von Kirchen, Klöstern, christlichen Schulen und Heiligenstatuen. Heute sind die Auswanderungszahlen erschreckend hoch. Die christlichen Kirchen Ägyptens gehören zu den ältesten der Welt. Doch die religiöse Minderheit wird immer wieder zur Zielscheibe von Gewalt.
"Ihr seid das Salz der Erde": Unter diesem biblischen Leitwort aus der Bergpredigt (Mt 5,13) rückt die missio-Aktion 2023 Frauen und Männer, die oftmals die einzigen sind, die sich unter widrigsten Bedingungen trotz zerstörter Infrastruktur, Unsicherheit und teilweise Kriegssituation in den Dienst der Ärmsten und sozial Schwächsten stellen, in den Mittelpunkt. Projektpartnerinnen und Projektpartner, die sich Hand in Hand mit allen Menschen guten Willens für den spirituellen und gesellschaftlichen Wiederaufbau engagieren. Zum Weltmissionssonntag 2023 wollen wir die verbliebenen Christen und ihren unermüdlichen Einsatz vor Ort und für ihre jeweilige Gesellschaft feiern. Die Christen in Syrien, im Libanon und in Ägypten brauchen unsere Aufmerksamkeit und unsere Solidarität – vielleicht mehr denn jemals zuvor.
"Christen im Nahen Osten leisten Enormes": Interview mit missio-Präsident Monsignore Wolfgang Huber
Unsere Gäste im Weltmissionsmonat 2023
Bischof Thomas Adly Zaky
Die weltweiten Krisen der vergangenen Jahre sind auch an Ägypten nicht spurlos vorüber gegangen. Beispiel Corona-Pandemie: Lange Zeit waren Geschäfte und Betriebe geschlossen, viele Menschen verloren ihre Arbeit. Es gab zahlreiche Todesfälle. Große Sorgen bereiten den Menschen auch die Auswirkungen des russischen Krieges in der Ukraine. Die Preise sind in die Höhe geschossen. "Aber die Löhne und Gehälter steigen nicht so schnell wie die Preise", sagt Bischof Thomas Adly aus der Diözese Gizeh. Daher wird es für die Menschen immer schwieriger, ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Insgesamt hat sich aber die Lage für die Christen im mehrheitlich islamisch geprägten Land deutlich entspannt. "Früher hatten wir große Probleme durch den islamistischen Terrorismus", sagt Bischof Thomas. Es gab Anschläge und Übergriffe auf die religiösen Minderheiten. Erst die jetzige Regierung habe das Problem angegangen und die Sicherheit im Land wiederhergestellt. "Wir sprechen nicht mehr so sehr über Christen oder Muslime", sagt der Bischof. "Wir sprechen über ägyptische Staatsbürger."
Rund um die Millionenstadt Kairo entstehen neue Siedlungen und ganze Städte. "Dort dürfen auch christliche Kirchen gebaut werden, genauso wie Moscheen." Noch vor wenigen Jahren war das anders: Kirchen und Gebetsräume mussten oft heimlich entstehen, zum Beispiel versteckt in Wohnhäusern. Erst jetzt konnten diese Bauten nachträglich legalisiert werden. Neben dem pastoralen Angebot für die zahlenmäßig kleinen koptisch-katholischen Gemeinden ist die Diözese auch aktiv in der Arbeit für benachteiligte Frauen und Kinder, in der Gesundheitsversorgung, sie hilft Menschen mit Behinderung und leistet Seelsorge für Gefangene und ihre Familien.
Abouna Pious Farag
Es wird ein schönes Wiedersehen: Bereits vor zehn Jahren war Abouna Pious Farag in Deutschland zu Gast – damals allerdings als Teil eines Chores von Priesteranwärtern. Seitdem ist viel passiert – für ihn persönlich, wie auch für sein Heimatland Ägypten. Pious Farag ist jetzt der Sekretär des Bischofs von Gizeh, Thomas Adly Zaky. Und er leitet das Entwicklungsbüro der koptisch-katholischen Diözese. Das heißt, er koordiniert die Sozialprojekte der Kirche. Sein Arbeitsgebiet erstreckt sich auf drei große Provinzen: Gizeh, nahe Kairo, Fayoum und Beni-Suef.
Die Herausforderungen sind überall anders, und überall gewaltig. In den ländlichen Gebieten geht es vor allem darum, Frauen und Kindern aus der Armut zu helfen. Durch Schulbildung, Alphabetisierung, berufliche Ausbildung. Ein Schwerpunkt liegt auch auf der Hilfe für Kinder mit Behinderung – ein Kind mit Handicap gilt in vielen traditionellen Vorstellungen als Strafe oder Fluch. Egal, ob Christen oder Muslime – "wir dienen allen Menschen, ohne Unterschied", betont Pious Farag. Das ist für ihn gar keine Frage, denn: "Alle Menschen stehen ja vor den selben Problemen. Wir müssen das Leben für alle verbessern, nicht nur für die Christen. Das ist unsere Pflicht als Kirche."
Die Lage für die Christen habe sich deutlich zum Positiven verändert, sagt Pious Farag. Vorbei sind die Zeiten, in denen Christen angegriffen und kirchliche Einrichtungen durch Islamisten zerstört wurden. Diese Erfahrung der vergangenen Jahre hat ihn stärker gemacht. Über eine katholische Schule, die vor zehn Jahren von Islamisten der Muslimbruderschaft niedergebrannt wurde, sagt er: "Ihr könnt sie zerstören. Aber wir bauen alles wieder auf. Das ist unsere Mission!"
Hessen Sayah Corban
Täglich werben zwielichtige Agenturen in Ländern Afrikas und Asiens Frauen als Hausangestellte an. Allein im Libanon arbeiten bis zu einer halben Million. Für die meisten jedoch wird der Traum, gutes Geld zu verdienen und die Familie in der Heimat zu unterstützen, zum Alptraum, denn: Das Kafala-System ist unmenschlich und endet für manche erst mit dem Tod. Das Caritas-Zentrum für Geflüchtete in Beirut ist feste Anlaufstelle für diese Frauen – und Hessen Sayah Corban deren stärkste Fürsprecherin.
Als Leiterin des Schutzbereichs konzentriert die 43-Jährige ihre ganze Kraft auf das Leid der Arbeitsmigrantinnen, die jeden Tag in libanesischen Haushalten ausgebeutet, misshandelt und vergewaltigt werden. Fliehen diese Betroffenen aus ihrem Martyrium, sind sie fortan illegal im Land, da die Arbeitgeber ihnen als „Bürge“ (arabisch „Kafil“) alle Papiere genommen haben. In den Schutzhäusern der Caritas kommen die geschundenen Frauen unter. Sie erhalten medizinische und psychologische Hilfe sowie rechtliche Unterstützung auf ihrem Weg, wieder nach Hause zu gelangen. Ein liebevolles Team ist für die Traumatisierten da. Auch in der Nacht, wenn manche von ihnen schreiend aus ihren Alpträumen erwachen. Zuwendung erfahren auch Kinder der Frauen, und die Möglichkeit, den Kindergarten und die Schulklassen im Frauenhaus zu besuchen.
Hessen Sayah Corban, Trägerin des Deutsch-Französischen Preises für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, hat in 25 Jahren schon viele erschütternde Geschichten geteilt. Sie hört zu. Und sie verschafft sich Gehör – wenn sie bei Behörden oder Anwälten vorspricht, auf Botschafter trifft, oder an Runden Tischen mit Politikern die Forderungen der Kafala-Aktivistinnen vorträgt und auf Gesetzesänderungen pocht. Sie sagt: „Ich sehe mich als Stimme derjenigen, die keine Stimme haben.“
Juliana Sfeir
Der krisengeplagte Libanon steht ohne politische Führung da, seit bald einem Jahr. Für Juliana Sfeir, Programmleiterin des SAT-7-Bildungskanals in Beirut, ist das ein Symbol für die vielen Missstände, unter denen die Menschen dort leiden. Und gleichzeitig könnte der Auftrag für sie und ihr Team nicht deutlicher sein: „Die Rolle der Kirche im Libanon ist enorm wichtig. Wir bei SAT-7 übernehmen Aufgaben, die eigentlich bei der Regierung liegen.“
Der ökumenische Fernsehsender SAT-7 platziert starke Themen in den Regionen Nordafrikas und des Nahen Ostens – per Satellit über Grenzen und Regierungen hinweg und über die sozialen Netzwerke. Auch gesellschaftliche Tabuthemen bekommen Raum im Programm, wie zum Beispiel Diskriminierung oder häusliche Gewalt. Als Chefin der SAT-7-Bildungsmarke „Academy“ setzt Juliana Sfeir besonders auf Bildung und Empowerment, gerade in Zeiten, in denen immer mehr staatliche Schulen im Libanon schließen: „Unsere medialen Angebote helfen jungen Menschen, intellektuell zu wachsen, kritisch zu denken, und ihren Charakter auszubilden. Auf diese Weise lernen sie, soziale Verantwortung zu übernehmen. Daraus kann Gutes entstehen, für sie und für die Zukunft des Libanon.“
Das zeigten in der Vergangenheit Menschenrechtskampagnen, mit denen die 54-jährige Kommunikationswissenschaftlerin und Filmemacherin erfolgreich Themen in den Fokus rückte, zum Beispiel über die Rechte von Frauen. Interkulturelle Themen und Versöhnung liegen Juliana Sfeir besonders am Herzen. In ihrem Projekt „Libanon – unsere Geschichte“ erzählen Jugendliche aus allen Regionen, darunter auch Geflüchtete, in Kurzgeschichten aus ihrem Alltag. „Als Christen sind wir dazu aufgerufen, inmitten der Gesellschaft zu sein und gemeinsam den Wandel anzustoßen“, sagt Juliana Sfeir.
Pater Miguel Angel Condo Soto SDB
Zu leben und zu arbeiten, wo scheinbar Hoffnungslosigkeit herrscht. Ideen für eine gute Zukunft zu bringen, wo es angeblich keine Perspektive gibt. So erklärt der aus Bolivien stammende Salesianerpater Miguel Condo Soto seine Berufung. Die kleine Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Bosco in Damaskus leitet ein Zentrum mit Außenstellen, in denen jede Woche bis zu 1200 Kinder und Jugendliche zusammenkommen. Sie stammen aus benachteiligten, überwiegend christlichen Familien an den Rändern der syrischen Hauptstadt. Im Zentrum gibt es Sport, Musik, Theater oder Tanz. Themen aus der Bibel werden spielerisch erarbeitet. Ein geschützter Raum, in welchem Mädchen und Jungen zusammen Spaß haben oder auch mal über ihre Sorgen sprechen.
„Die Menschen in Syrien leiden“, weiß der 33-jährige Pater Miguel, der seit sieben Jahren in verschiedensten Ländern des Nahen Ostens seinen Dienst leistet und fließend Arabisch spricht. „Nach Jahren des Kriegs kämpfen viele mit ihren Erlebnissen. Zudem ist der Preis für das tägliche Brot sehr hoch; Strom gibt es kaum.“ Auch die Bildung im Land leidet: An Staatsschulen fällt oft der Unterricht aus.
Im Don-Bosco-Zentrum setzt das Team auf ein starkes Netzwerk aus den eigenen Reihen: Gut ausgebildete Studentinnen und Studenten – selbst aus der Don-Bosco-Gemeinschaft – unterrichten an den Nachmittagen die Jüngeren. „Wir unterstützen junge Menschen sozial, emotional und spirituell“, erklärt Fr. Miguel. „So können sie gestärkt ihren Alltag meistern und ihre Zukunft auf ein gutes Fundament bauen.“
Auch in den Sonntagsmessen stärkt Fr. Miguel seine Mitmenschen. Regelmäßig feiert er diese auch außerhalb des Zentrums mit Arbeitsmigrantinnen und -migranten aus Asien oder Afrika. „Aus meinen Aufgaben ziehe ich Hoffnung auch für mich und mein Leben“, sagt Fr. Miguel.
Filme zu unseren Gästen und ihre Arbeit
Hessen Sayah Corban
Olive Shelter - Schutz und Würde für ausgebeutete Frauen (6:26)
mit Hessen Sayah Corban (Caritas Libanon)
Pater Miguel Ángel Condo Soto SDB
Syrien - Eine Generation kämpft um ihre Zukunft (9:06)
mit Pater Miguel Ángel Condo Soto SDB
Bischof Thomas Adly / Pater Pious Farag
Christen in Ägypten: Neue Freiheit, alte Wunden (8:22)
mit Bischof Thomas Adly Zaky und Abouna Pious Farag
Bischof Kyrillos William ✝︎
Ägypten: Gleiches Recht für alle (6:13)
mit Bischof Kyrillos William Samaan. Unser langjähriger Projektpartner, der emeritierte Bischof von Assiut in Ägypten, sollte im Weltmissionsmonat unser Gast sein. Leider starb er im Mai 2023. Dieses Video ist ihm gewidmet. Das Wohl der Christen in Ägypten, der interreligiöse Dialog und die Gleichberechtigung von Frauen und Männern waren ihm ein großes Herzensanliegen.
Reportagen und Interviews zu den Schwerpunktländern
Erfahren Sie spannende Hintergründe aus unseren Partnerländern im Nahen Osten
Ägypten: Wo liegt hier die Freiheit? Unterwegs mit einem Gefängnisseelsorger
Syrien: An der Seite einer verlorenen Generation
Libanon: Ruinierte Hoffnungen in einem gescheiterten Staat
Interview: "Die Lage der Christen in Syrien bleibt dramatisch"
Interview mit Franz Maget: "Ohne Ägypten geht es nicht"
Materialien zum Weltmissionsmonat 2023 zum Download

Hier lesen Sie die Botschaft von Papst Franziskus zum Sonntag der Weltmission 2023. Sie steht unter dem Leitwort: „Brennende Herzen und bewegte Schritte“ (Lukas 24,13-33) . Zur Papst-Botschaft>>
Weiterführende Informationen:
- Webseite des Bistums Speyer:
https://www.bistum-speyer.de/
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