Erst Mitte September war Oppositionsführer Riek Machar wegen Hochverrats angeklagt worden. Die Regierung von Präsident Salva Kiir wird begleitet von Korruptionsvorwürfen und geht rigoros gegen ihre Kritiker vor. Beobachter fürchten deshalb einen neuen Ausbruch gewaltsamer Kämpfe in dem Land, das 2011 als jüngster Staat der Erde unabhängig wurde. Auch der Krieg im benachbarten Sudan wirkt sich auf den Süden aus: Hunderttausende sind vor den Kämpfen über die Grenze in den Südsudan geflohen. In diesem Jahr hat es dort in mehreren Regionen Hungersnöte und Cholera-Ausbrüche gegeben.
"Zustand der völligen Vernachlässigung"
Bischof Christian Carlassare betont: „Frieden entsteht nicht durch ein unterschriebenes Papier, sondern indem die Menschen genug zu essen auf dem Tisch haben und ihre Kinder in die Schule gehen können. Wenn das Volk weiterhin in diesem Zustand der völligen Vernachlässigung leben muss, wird es niemals Frieden geben.“
Der Comboni-Missionar äußerte sich während eines Besuches beim Internationalen Katholischen Hilfswerk missio München. Seit 2024 ist Carlassare als Bischof der neu errichteten Diözese Bentiu tätig, die nahe der umstrittenen Ölfelder an der Grenze zwischen Sudan und Südsudan liegt. Zuvor war er Bischof von Rumbek. Dort wurde noch vor seinem offiziellen Amtsantritt 2021 ein Attentat auf ihn verübt, welches er mit schweren Schussverletzungen überlebte.
Kirche leistet lebenswichtige Hilfe
Monsignore Wolfgang Huber, Präsident von missio München, betont: „Es ist bewundernswert, wie er trotz dieser Erlebnisse voller Hoffnung und Vertrauen auf Gott die neue Aufgabe angeht. Er ist ein glaubwürdiger Missionar, mit dem wir gerne als Partner zusammenarbeiten und ihn unterstützen.“
Die katholische Kirche leistet im Südsudan lebenswichtige Hilfe im Bereich Bildung, Gesundheit und Friedenssicherung. Bischof Christian Carlassare, der 1977 in Italien geboren wurde, sagte bei seinem Aufenthalt in München: „Am liebsten wäre mir, wir könnten sozusagen ein achtes Sakrament einführen: Bildung! Fehlende Bildung und Unwissenheit werden seit Jahren bewusst eingesetzt, um die Menschen klein zu halten, und um Krieg und Konflikte zu schüren.“
Vor allem Mädchen und Frauen würden vielerorts benachteiligt. Sie werden früh verheiratet, der Zugang zur Schuldbildung bleibt ihnen oft verwehrt. Bischof Carlassare: „Dabei können besonders die Frauen zu aktiven Friedenstiftern werden – viel mehr als die Männer, die als Soldaten und Rebellen in Kriege verwickelt sind.“