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Furchtlos: "Ich bin eine Überlebende"


31. Oktober 2023
Princess hat als Kind das Grauen erlebt: Sie wurde vom Vater und vom Bruder sexuell missbraucht und fand bei der Mutter kein Gehör. Heute, 19 Jahre alt, hat sie sich ihr Leben zurückerobert - dank Sozialarbeitern und Helfern von Preda.

Princess kann wieder lächeln Foto: privatDER TAG, als das Grauen ein Ende hatte und das neue Leben begann, hat für Princess ein genaues Datum: Am 29. März 2021 kam ein Sozialarbeiter zu ihr nach Hause und befreite das damals 17-jährige Mädchen aus dem, was sie Familie nannte – dem Ort, der ihre Kindheit und Jugend zerstört hatte. Am 29. März also kam sie in die Einrichtung von PREDA. Dort finden diejenigen Schutz, Therapie und Rechtsbeistand, die Missbrauch erlebt haben. Princess war eine davon.

Grauen erlebt

„Ich bin eine Überlebende“, sagt sie von sich selbst. Und: „Ich möchte für andere eine Inspiration  sein“. Der Weg zu diesem zweiten Satz war weit. Was sie durchlebt hatte, war ein unfassbares Grauen: Ihr eigener Vater wurde sexuell übergriffig, als Princess sechs Jahre alt war. Als Achtjährige, und Jahre später nochmals, erlebte sie eine Vergewaltigung durch ihn. Auch ihr eigener Bruder und später ein Freund des Vaters missbrauchten sie. Schutz fand sie nirgends, die eigene Mutter, der sie sich anvertraute, wollte ihr nicht glauben. „Ich war ja nur ein Kind. Ich tat so, als wäre alles in Ordnung. Aber innerlich war ich tot“, sagt Princess.

Das Muster sei typisch, sagt Fr. Shay Cullen. Der aus Irland stammende Missionar hat auf den Philippinen PREDA gegründet und ist ein international bekannter Kämpfer gegen Missbrauch – wo immer er sich zuträgt, auch in der Kirche und durch deren Amtsträger. „Den Kindern wird Angst gemacht. Die Täter sagen ihnen zum Beispiel: Wenn du etwas erzählst, dann fügen wir deiner Mutter Leid zu.“

Meist sind es Menschen außerhalb der engsten Familie, die schließlich Anzeige erstatten – etwa ein Nachbar oder eine Lehrerin. Auch bei Princess war das so.

"Warum gerade ich?"

Im PREDA-Schutzzentrum hat Princess einen Raum gefunden, in dem sie verarbeiten konnte, was sie erlebt hatte. Sie fand ein geschütztes Umfeld vor und die Möglichkeit, sich dem Erlebten in einer Therapie zu stellen. Anfangs überwogen Ohnmacht, Wut und Trauer: „Ich fragte mich: Warum gerade ich?“, sagt sie.

Sie habe Neid gespürt, Neid auf Kinder, die in einer Familie aufwachsen, in der sie behütet und geliebt sind. Was Liebe ist und was nicht, das findet Princess immer noch eine wichtige Frage. Sie studiert soziale Arbeit. „Kinder verdienen es, geliebt zu werden“, sagt sie. Eines Tages, wenn sie Sozialarbeiterin ist, will sie genau diese Botschaft weitergeben. Und selbst denen zur Seite stehen, die Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch erfahren haben.

Mithilfe von PREDA hat Princess Klage eingereicht und in drei von vier Fällen gewonnen. Die Täter sind in lebenslänglicher Haft. Und sie selbst: Princess hat die Kraft gefunden, mit der Vergangenheit zu leben und eine neue, bessere Zukunft sehen zu können. Ihre Geschichte jedoch wird sie, genau wie die anderen PREDA-Schützlinge auch, ein Leben lang begleiten. Aber sie lassen sich nicht unterkriegen: Einige von ihnen bringen als Theatergruppe zum Ausdruck, was ihnen widerfahren ist. „Wenn ich mir ihre Aufführung ansehe, kommen mir die Tränen. Das ist auch meine Geschichte“, sagt sie.

TEXT: Barbara Brustlein

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